bAV
Die Qual der Wahl bei Renteneintritt – Rente oder Kapital?
Folgende Situation – welche Ihnen sicherlich bekannt vorkommt: Ihr Mitarbeiter oder Ihre Mitarbeiterin erhält vom Versorgungsträger ein Schreiben, aus dem hervorgeht, dass er oder sie in den Genuss der Versorgung kommt. Arbeitnehmer stehen dann vor der Wahl, ob sie statt einer lebenslangen Rente eine einmalige Kapitalzahlung in Anspruch nehmen wollen. Welche Entscheidungshilfen geben Sie Ihrer Mitarbeiterin oder Ihrem Mitarbeiter an die Hand?
Für welche Alternative sich der einzelne Arbeitnehmer entscheidet, hängt wesentlich von wirtschaftlichen Überlegungen ab. So spielt immer wieder die Frage der Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung eine Rolle. Auf die steuerliche Betrachtung bei diesem Sachverhalt gehen wir in einer der nächsten Ausgaben ein.
Bei Mitarbeitern, die privat krankenversichert sind, spielt die Beitragspflicht der Leistungen aus der betrieblichen Vorsorge keine Rolle. Leistungen der betrieblichen Altersversorgung unterliegen seit dem 01.01.2004 unabhängig von der Leistungsart (Rente oder Kapital) grundsätzlich der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung. Ausgenommen hiervon sind Renten, die den Betrag von 134,75 € monatlich nicht überschreiten. Für die Feststellung, ob dieser Grenzwert überschritten wird oder nicht, werden sämtliche Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zusammengerechnet.
Bei Kapitalauszahlungen gilt 1/120 der Kapitalleistung als fiktiver monatlicher Zahlbetrag. Auch hier werden dann keine Beiträge fällig, wenn die so errechnete fiktive monatliche Rente den Betrag von 134,75 € nicht übersteigt. Damit sind für das Jahr 2013 Kapitalzahlungen bis 16.170 € beitragsfrei.
Für eine monatliche Rente in Höhe von 134,75 benötigt ein aktuell 65-Jähriger ein Versorgungskapital von ca. 30.000 €.
Bei Auszahlung einer lebenslangen monatlichen Rente wäre die Rente sozialversicherungsfrei. Würde sich derselbe Arbeitnehmer das Versorgungskapital auszahlen lassen, würde die Einzugsstelle eine fiktive Rente in Höhe von 250 € (30.000 €/120) errechnen. Da diese Rente über der Freigrenze liegt, würden dann Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung anfallen.
Es lohnt sich also, sich vor der Entscheidung für eine Rente oder eine Kapitalauszahlung insbesondere die beitragsrechtlichen Gegebenheiten näher anzusehen.
bAV Aktuell
Neue Urteile und Rechtssprechungen
Pensionszusage – Dringender Handlungsbedarf nach Trennung oder Scheidung
Aus aktuellem Anlass wollen wir Ihnen berichten, wie wichtig es ist, bei bestehenden Versorgungszusagen von Gesellschafter-Geschäftsführern (GGF) im Rahmen einer Überprüfung und Neuordnung der Zusage eindeutig zu klären, ob es sich bei der Ehefrau – lt. Inhalt der Zusage – um die aktuelle Ehefrau handelt. Die Folgen, welche aus einer veränderten Lebensplanung resultieren können, greift das folgende Urteil auf:
Der Bundesgerichtshof hat für beherrschende GGF in langjähriger Rechtsprechung grundsätzlich etabliert, dass ein Erdienungszeitraum von zehn Jahren gegeben sein muss, damit die Zusage als betrieblich und nicht als gesellschaftsrechtlich veranlasst gilt.
Nun hatte das Finanzgericht (FG Berlin-Brandenburg, 30.1.2013, 12 K 12227/10, Revision eingelegt: BFH I R 17/13) zu entscheiden, ob nach dem Tod der als Hinterbliebene in die Pensionszusage aufgenommenen Ehegattin eine andere Hinterbliebene diese „ersetzt“ oder ob insoweit wieder eine Neuzusage anzunehmen ist, für die wiederum ein zehnjähriger Erdienungszeitraum gilt. Im strittigen Fall war seit der Einsetzung einer neuen Partnerin nur ein Erdienungszeitraum von acht Jahren und zehn Monaten ersichtlich und der Betriebsprüfer nahm eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) an. Im entschiedenen Fall war die (später verstorbene) erste Ehefrau namentlich benannt, die spätere Lebensgefährtin (und dann Ehefrau) wurde inhaltlich und vom Betrag her in gleicher Höhe als Hinterbliebene in die Pensionszusage einbezogen.
Die Richter gaben dem Finanzamt recht und erkannten auf vGA. Denn maßgeblich ist, dass die GmbH nach dem Tod der ersten Ehefrau von ihrer vertraglichen Zusage einer Hinterbliebenenversorgung frei geworden war. Somit stand es der GmbH in rechtlicher Hinsicht auch frei, zugunsten der Lebensgefährtin und dann zweiten Ehefrau eine neue Hinterbliebenenversorgung zuzusagen oder hiervon abzusehen. Der Beurteilung zugrunde zu legen war nicht eine fiktive, sondern vielmehr die konkret erteilte Zusage, die sich in der Frage der Witwenversorgung zunächst ausschließlich auf die namentlich benannte erste Ehefrau bezog und die nach deren Tod ersatzlos entfallen war.
Hiervon ausgehend stellte die der zweiten Ehefrau erteilte Versorgungszusage eine Erweiterung der im Juni 1999 bestehenden Zusage dar. Ergänzend ist darauf zu verweisen, dass die zweite Ehefrau zwar nicht erheblich, aber doch immerhin mehr als fünf Jahre später geboren ist als die erste, somit nach der statistischen Lebenserwartung eine mehr als fünf Jahre längere Zahlungsverpflichtung der Klägerin aus einer künftigen Witwenversorgung zu erwarten ist. Auch dies spricht dagegen, die geänderte Zusage als bloße „Wiederherstellung" eines früheren Zustands zu werten. Damit liegt eine Neuzusage vor, die bei Nichteinhalten des bei GGF erforderlichen zehnjährigen Erdienungszeitraums zu einer vGA führt. Die Entscheidung ist nun beim Bundesfinanzhof anhängig.
Tipp: Die namentliche Benennung von Hinterbliebenen sollte bei GGF vermieden werden – dies gilt nicht nur für Pensionszusagen, sondern auch für jede Art der Zusage.
Häufig wurden die Versorgungen von GGF in der „Vergangenheit“ getätigt und nie wieder aktualisiert und/oder überprüft. In einem Kundenfall sollte eine Regelung zur Hinterbliebenenversorgung laut Zusage „später“ erfolgen. Das war dann aber auch schon sieben Jahre her und es ist nichts eindeutig geregelt worden.
Nehmen Sie dieses Beispiel zum Anlass, um Ihre bestehende Versorgung von unseren Experten überprüfen zu lassen.
Befristet beschäftigte Mitarbeiter können von arbeitgeberfinanzierter bAV ausgeschlossen werden
Häufig werden Arbeitnehmer nur befristet beschäftigt, teilweise über einen längeren Zeitraum. Da stellt sich die Frage, ob Arbeitnehmer in befristeten Arbeitsverhältnissen von einer betrieblichen Altersversorgung des Arbeitgebers profitieren oder ob sie wirksam ausgeschlossen werden dürfen.
Das Bundesarbeitsgericht hat in einem aktuellen Fall (BAG, 15.1.2013, 3 AZR 4/11) seine Rechtsprechung zu befristeten Arbeitsverhältnissen bestätigt. Der Ausschluss von befristet beschäftigten Mitarbeitern aus der bAV eines Arbeitgebers verstößt weder gegen § 4 Abs. 2 TzBfG noch gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Der Ausschluss ist sachlich gerechtfertigt.
Denn nach ständiger Rechtsprechung des „Pensionssenates“ ist es sachlich gerechtfertigt, nur vorübergehend beschäftigte Arbeitnehmer von betrieblichen Versorgungsleistungen auszuschließen. Die betriebliche Altersversorgung bezweckt u. a., die Betriebstreue des Arbeitnehmers zu fördern und zu belohnen. Bei nur vorübergehender Beschäftigung ist der Arbeitgeber nicht daran interessiert, den Arbeitnehmer an den Betrieb zu binden. Erst mit der Begründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses entsteht nach der Versorgungsvereinbarung eine gesicherte betriebsrentenrechtliche Rechtsposition des Arbeitnehmers. Die während des befristeten Arbeitsverhältnisses erbrachte Betriebstreue wird dadurch ausreichend berücksichtigt, dass die im befristeten Arbeitsverhältnis zurückgelegte Beschäftigungszeit bei der Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis angerechnet wird. Wenn sich das unbefristete Arbeitsverhältnis unmittelbar anschließt, zählt die Beschäftigungszeit vom Beginn der befristeten Tätigkeit an.
Unklarheiten bei Betriebsrenten gehen zulasten des Arbeitgebers
Das Bundesarbeitsgericht (BAG, 9.10.2012, 3 AZR 539/10) hatte sich mit der Frage zu befassen, ob einer (ehemaligen) Arbeitnehmerin eine Betriebsrente zustand. Denn die Versorgungsordnung nahm Bezug auf die gesetzliche Rentenversicherung – Leistungen sollten erfolgen „für die Dauer der festgestellten Berufs- und Erwerbsunfähigkeit sowie der Rentenzahlung durch den Rentenversicherungsträger nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses“. Nun hatte sich aber 2001 der gesetzliche Invaliditätsbegriff geändert – eine Rente kann nun auch bei teilweiser oder voller Erwerbsminderung gezahlt werden.
In diesem Fall war die Klägerin mit einer betriebsbedingten arbeitgeberseitigen Kündigung gegen Zahlung einer Abfindung ausgeschieden. Die Klägerin erhielt vier Monate nach dem Ausscheiden eine gesetzlich Rente wegen teilweiser, später wegen voller Erwerbsminderung. Es ging um eine monatliche Rente in Höhe von 205 €.
Der Pensionssenat entschied, dass es nicht – wie der Arbeitgeber argumentiert hatte – darauf ankomme,dass die Klägerin wegen der Erwerbsminderung ausgeschieden sei. Denn es sei vom Wortlaut der Bestimmung und bei unbestimmtem Wortsinn vom wirklichen Willen der Betriebsparteien und dem beabsichtigten Zweck auszugehen – und hier gab es keinen Zusammenhang zwischen dem Grund des Ausscheidens und der Erwerbsminderung. Zum zweiten sahen die obersten Richter in der Übernahme der sozialversicherungsrechtlichen Terminologie „Erwerbsunfähigkeit“ bzw. „Berufsunfähigkeit“ einen Verweis auf das SGB, das seit 2001 nur die Erwerbsminderung kennt, und entschieden, dass eine zeit- und inhaltsdynamische Verweisung auf das jeweils geltende Sozialversicherungsrecht vorliege. Statische Verweise sind nach Auffassung der Richter die Ausnahme und müssen daher deutlich zum Ausdruck gebracht werden.
TIPP: Ältere Versorgungsordnungen sollten überprüft werden. Insbesondere bei Verknüpfung mit Rückdeckungsversicherungen ist auf eine kongruente Formulierung und Verweis auf die Versicherungsbedingungen zu achten.
Unsere Experten unterstützen Sie gerne bei der Überprüfung Ihrer bestehenden Versorgungsstrategie.
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